EPILENGYEL-LENGYEL IV ALS KULTURHISTORISCHE EINHEIT
Juraj Pavúk
Nitra
Der Beitrag widmet sich der Frage der Bestimmung der Grenze zwischen den
Stufen Lengyel III und Lengyel IV, die in der Slowakei durch die Gruppen
Brodzany-Nitra und Ludanice vertreten sind, wie auch ihrer Synchronisierung
mit den Gruppen Tiszapolgár und Bodrogkeresztúr und mit den übrigen Gruppen
der Spätlengyel-Kultur.
Den Ausgangspunkt bildet die Feststellung, daß die Definierung der Gruppe
Brodzany-Nitra wesentlich durch das Massenvorkommen von Keramik mit rauher
Oberfläche und ziegelroter Farbe beeinflußt war, die jedoch diese Eigenschaften sekundär gewonnen hat - beim Verbrennen der großen Pfostenbauten mit einem Dachboden. Diese Eigenschaften besitzt auch die Keramik aus Brodzany, Dolná Streda, Nitra-Leningradská ulica und Nitra-Šindolka, sowie aus Budmerice,- was eigentlich sämtliche Fundorte sind, die der Gruppe Brodzany-Nitra zugeschrieben werden. Aus Bošany , nicht weit von Brodzany, stammt jedoch eine kleine Kollektion von Keramik mit den halbmondförmigen Knubben, die für die Schüssel aus Brodzany typisch sind.
Die Keramik aus Bošany hat eine glatte bis polierte Oberfläche von grauer, dunkelgrauer bis rotbrauner Farbe, wodurch die Existenz einer anderen als nur ziegelroten oder hellbraunen Farbe in der Brodzany-Nitra-Gruppe bestätigt ist.
Bei der Charakterisierung der Brodzany-Nitra-Gruppe nach der Keramik aus
beiden eponymen Fundstellen wurde konstatiert, daß die Keramik aus Brodzany
typologisch zur Keramik des Horizontes Topo¾èany-Szob (der Übergangsphase
Moravany) inkliniere und die Keramik aus Nitra sich den Funden der Ludanice-Gruppe nähere. Der typologische Vergleich der Keramik aus Nitra mit der Keramik der älteren Ludanice-Gruppe erlaubt es, die Fundstelle in Nitra, Leningradská ulica, direkt in die ältere Phase der Ludanice-Gruppe neben der Funde aus Výèapy-Opatovce, Jelšovce, Branè und Füzesabony anzusetzten. Infolgedessen ändert sich radikal der typologische Inhalt der Brodzany-Nitra-Gruppe, die auf der Grundlage der Funden der beiden eponymen Fundstellen komponiert wurde, und in ihrer modifizierten Definition sollte
der Name des Fundortes Nitra seine Begründung verlieren. Korrekt müßte nur
von der Gruppe Brodzany gesprochen werden. Die Keramik aus Nitra, ungeachtet
dessen, daß sie sekundär rötlich gebrannt ist wie jene aus Brodzany, von welcher sie sich jedoch typologisch unterscheidet, gehört bereits an den Beginn der Entwicklung der Ludanice-Gruppe.
Die typische Keramik der Ludanice-Gruppe aus Füzesabony ermöglicht eine
Synchronisierung mit Gräbern aus der Übergangsperiode auf dem Gräberfeld in
Tiszapolgár-Basatanya, was besonders das Grab 69 mit einer Fußschüssel mit
drei Löchern auf dem ausgeprägt glockenförmigen Hohlfuß, die sehr wahrscheinlich aus der Ludanice-Gruppe importiert wurde, glaubhaft andeutet. Danach ist die Phase Tiszapolgár B mit der frühen Ludanice-Gruppe gleichzeitig. Ähnlich wie sich typologisch und kulturchronologisch die Gruppe Brodzany-Nitra aufteilen läßt, kann man die Fundverbände bewerten, die durch die traditionellen Gefäßformen der klassischen Lengyel-Kultur charakterisiert sind, jedoch schon von Elementen und Formen begleitet sind, die für die klassischen Periode der Regionalgruppen (Balaton-Lasinja,
Jordansmühl, usw.) im Horizont der Stufe Lengyel IV typisch sind. Für den Teil Transdanubiens illustrieren den Beginn dieser Stufe Lengyel IV die Funde aus Zalaszentbalázs, wo außer traditionellen Gefäßformen der Lengyel-Kultur Neuformen mit kontuierlicher Entwicklung in die klassische Phase der Balaton-Lasinja-Gruppe auftauchen. Die Phase IIIb (nach N. Kalicz) der Lengyel-Kultur, die in Transdanubien als die jüngste Phase dieser Kultur betrachtet wird, kann genauso als wahrer Anfang der Balaton-Lasinja-Gruppe genommen werden, die in ihrer bisherigen Definition eigentlich schon ihren klassischen Entwicklungsabschnitt darstellt. Ähnlich inkliniert die Wolfsbach-Gruppe mit ihrem typologischen Keramikinhalt unmittelbar zur Gruppe Bisamberg-Oberpullendorf und gehört nach den bekannten Funden eher in den Beginn der Stufe Lengyel IV.
In Mähren unterschied in diesem Zeitabschnitt V. Podborský die abschließende Periode (MBK IIb) - zusammen mit der Phase Moravany und mit der Gruppe Wolfsbach und Brodzany-Nitra im Rahmen der Stufe Lengyel III - und die Untergangsperiode (MBK Ic), die durch Funde aus Troubelice, Unièov, Rybnièek belegt ist und mit der Jordansmühl- und Ludanice-Gruppe zeitgleich sein müßte. Es läßt sich jedoch vermuten, daß die letztgenannten Funde zusammen mit Keramik aus Praha-Støešovice im Horizont der Stufe Lengyel IV eher als Frühphase der Jordansmühl-Gruppe klassifiziert werden könnten. Es scheint, da= die Möglichkeit besteht, die Parallelität der Gruppen Ludanice, Balaton-Lasinja und Tiszapolgár/Bodrogkeresztúr während ihrer ganzen Entwicklung in Einklang zu bringen. Darin zu erblicken ist auch der Sinn des vorgelegten Vorschlags zur Revision des typologischen Inhaltes der Brodzany-Nitra-Gruppe, - die ursprünglich auf Grundlage der Funde aus den beiden eponymen Fundorten mit unterschiedlicher Typologie der Keramik rekonstruiert wurde -, wie auch der Auffassung der Gruppen
Tiszapolgár/Bodrogkeresztúr und des ganzen typologisch wie auch chronologisch erweiterten Horozontes Lengyel IV als homogene kulturhistorische Einheiten. Mit der Erweiterung der Stufe Lengyel IV verengten sich wesentlich Inhalt, Dauer und Bedeutung der Stufe Lengyel III (Brodzany-Gruppe), die in enger Verbindung mit der vorangehenden Übergangsphase Moravany eher als Ausklingen der klassischen Lengyel-Kultur als Anfang des frühäneolithischen Abschnittes der Lengyel-Kultur - des
Epilengyel - erscheint. Das Epilengyel in der Definition E. Ruttkays kann erweitert und auf die modifizierte und länger dauernde Stufe Lengyel IV bezogen werden. Im Rahmen der ganzen Lengyel-Kultur kann man dann zur generellen Periodisierung ihrer Gesamtentwicklung gelangen: (1) Protolengyel (Bíòa-Bicske, Lužianky, Sé), (2) Periode der klassischen Lengyel-Kultur (Lengyel I, II, III), (3) Epilengyel/Lengyel IV in der vorgeschlagenen Spannweite.